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Bundesvereinigung deutscher

Musik- und Theater-Fördergesellschaften e.V. 

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Gießen

Eine Oper, die es noch nicht gab

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von Joachim Brauner
erschienen am 05. April 2019

Eine neue Oper entsteht / Intendantin und Regisseurin Miville informiert Theaterverein / Uraufführung einer Oper in Gießen / Eine besondere Opernproduktion

giessen theater„Es geht mir darum, Räume zu schaffen, in denen die Möglichkeit besteht, sich spielerisch, experimentell mit unserer Gegenwart auseinander zu setzen.“ An diese Aussage von Shermin Langhoff (Intendantin des Berliner Gorki) ließe sich erinnern, wenn man die Ausführungen von Cathérine Miville zur Auftragsoper „Alp Arslan“ (Komponist Richard van Schoor, Librettist Willem Bruls), die im Mai zur Uraufführung kommt, erlebt hat. Begleitet war Miville bei der Vorstellung des Bühnenwerks vom musikalischem Leiter Jan Hoffmann und von der Ausstattungsassistentin Ya-Ting Chang.

Die erste abendfüllende Oper des in Gießen bereits bekannten Komponisten geht in die Geschichte der Stadt Aleppo (Jahr 1113) zurück, die im jetzigen Syrienkrieg traurige Berühmtheit fand und somit heutige Bezüge akzentuieren kann. Mit dem jugendlichen Sultan Alp Arslan (= „starker Löwe“) erlebt man ethnische, religiöse und politische Konflikte und wie Vorurteile, Macht und Gewalt Menschen beeinflussen und verändern, was überall und jederzeit gelten mag.

Trotz des historischen Sujets gibt es in der Ausstattung und der Musik keine orientalische oder folkloristische Welt, höchstens Anklänge und in die heutige Zeit Übertragenes, wozu Videos eingesetzt sind. Am Beispiel des Bühnenbild-Modells und eines Kostüms wurde dies veranschaulicht: Die Bühne ist hell gehalten mit sandfarbigem Grundton, der den Sandsteingebäuden in Aleppo entspricht, und der Kleidung, die dem historischen Schnitt verwandt ist, um Vergangenheit und Gegenwart anzudeuten.

Ähnlich in der Klangwelt: Das Orchester wird normal besetzt und ergänzt sein durch syrische Musiker mit ihrer Gitarre, dem Oud. Doch van Schoors eigene musikalische Sprache bleibt es. Wie J. Hoffmann berichtete, gibt es dazu „spezielle Anweisungen zur Tonerzeugung“, z.B. beim Klavier oder Verstärker-einsatz. Wichtig seien auch der Chor und die Solopartien, für die ausgezeichnete Personen gefunden wurden, denn zu suchen waren Sänger/Sängerinnen „für eine Oper, die es noch nicht gab,“ so Miville.

Deshalb fand die Schilderung über den mehrjährigen Entstehungsprozess der Auftragsoper von C. Miville besonderes Interesse, den sie so charakterisierte: Während man sonst einem vorfindlichen Werk sich für die Produktion so nähert, dass man Schicht für Schicht abträgt, um zum Kern vorzustoßen, sei es hierbei darum gegangen, Schicht für Schicht aufzubauen, um dem Thema und dem Szenario in Klang und Sprache gerecht zu werden.

Viel Kommunikation gab es zwischen Komponisten, Texter und ihr, wobei W. Bruls vielfältige Erfahrungen in Aleppo schnell zum Thema führten und zur Sprachform fanden. R. van Schoor hat zunächst „verbal den Charakter der Musik“ beschrieben und dann nach und nach „musikalische Elemente“ ge-liefert. Jetzt zu Beginn der Probenarbeit liegt die Partitur endlich vor, obwohl für die Bühnenausstattung einiges schon geleistet war und gezeigt wurde.

Zu erwähnen ist noch, weil es auch eine Wertschätzung des Stadttheaters bezüglich zeitgenössischer Musik ausdrückt, dass das Ministerium für Wissenschaft und Kunst diese Opernproduktion, die am 4. Mai 2019 Premiere hat, fördert. Somit sind die Mitglieder des Theatervereins auf die Uraufführung der Oper gespannt.