Eine Zusammenfassung von Gerd Lepges, Vorsitzender des Freundeskreises „theater.für.oberhausen“
Unser Freundeskreis „theater.für.oberhausen“ e.V. war Gastgeber der diesjährigen Jahrestagung der MUTHEA. Oberhausen, die „Wiege der Ruhrindustrie“ liegt am „Kniegelenk“ zwischen dem Ruhrgebiet und der Rheinschiene. Diese größte Städteagglomeration Deutschlands mit ca. 11 Millionen Einwohnern ist auch der größte kulturelle Ballungsraum der Bundesrepublik. Entsprechend dicht ist hier auch die Theaterlandschaft.
In östlicher Richtung durch das Ruhrgebiet erreicht man die Städte Essen
(Aalto-Musiktheater, Schauspiel im Grillo), Mülheim (Theater an der Ruhr, Ringlokschuppen), Bochum (Schauspielhaus), Gelsenkirchen (Musiktheater im Revier), Castrop-Rauxel (Westfälisches Landestheater), Dortmund (Oper, Ballett und Schauspiel) sowie Hagen (Stadttheater). In südlicher Richtung rheinaufwärts reihen sich die Städte Duisburg (Rheinoper), Düsseldorf (Rheinoper, Schauspielhaus und mehr), Leverkusen (Städt. Forum, Kulturhaus der Bayer-Werke; beides hochkarätige Bespieltheater), Köln (Oper, Schauspiel, Puppentheater) und Bonn (Opernhaus, Schauspiel mit mehreren Spielstätten). Nahebei sind auch die Städte Wuppertal sowie Krefeld und Mönchengladbach mit ihren Stadttheatern. Vom Oberhausener Kreuz ist es auch nicht weit in die Niederlande, wobei insbesondere die Stadt Amsterdam mit der Nationalen Oper und dem National-Ballett in zwei Stunden bequem für einen Sonntagsausflug erreichbar ist.
Eingebettet in diese ungeheuer dichte Theaterlandschaft (hinzu kommen noch die jeweiligen Konzertorchester und Konzertsäle) liegt das Theater Oberhausen. 1920 gegründet hat es eine wechselvolle Geschichte hinter sich gebracht, die die politischen Verhältnisse des 20. Jahrhunderts und die jeweiligen wirtschaftlichen Möglichkeiten der Stadt Oberhausen als Rechtsträger widerspiegelt. Seit 1992 ist es ein Schauspielhaus, das seit 2008 von Peter Carp als Intendant erfolgreich geleitet wird. Größter Erfolg war die Einladung einer „Nora“ - Inszenierung von Herbert Fritsch zum Berliner Theatertreffen 2011, die zu zahlreichen Gastspielen in Krakau, Prag, Zürich, Hamburg, Oslo, Bogotá, Caracas und vielen anderen Städten führte.
Etwa 2/3 der in der MUTHEA organisierten Freundeskreise und Fördergesellschaften nahmen am Jahrestreffen 2014 teil. Tagungsort war die stimmungsvolle b.a.r. des Theaters, die aus dem ehemaligen Raucherfoyer hervorgegangen ist und auch als Spielstätte für kleinere Produktionen benutzt wird. Nach dem neudeutsch so genannten „Come together“ bei Speis und Trank ging es gleich am Freitagabend in medias res, sprich in den Zuschauerraum des großen Hauses, der 428 Theaterbesucher fasst. Auf dem Spielplan standen „Die Räuber“ von Schiller in einer Inszenierung von Karsten Dahlem, die erst eine Woche zuvor Premiere hatte. Dahlem inszenierte das Stück mit einem jungen Ensemble für ein junges Publikum, die sich an einer ihr angepassten Sprach- und Sprechweise erfreuten, während viele ältere Besucher die klassisch vorgetragenen Verse des großen deutschen Dichters vermissten. Entsprechend streitbar fiel die gut einstündige Diskussion mit den Schauspielern nach der Vorstellung aus.
Am Samstagvormittag stand die Jahreshauptversammlung der MUTHEA auf dem Programm. Die üblichen Berichte über das abgelaufene Geschäftsjahr wurden erstattet und diskutiert; dem Vorstand wurde gedankt und Entlastung erteilt. Bei der anschließenden Neuwahl des Vorstandes rückte Bernhard Krumrey aus Kiel vom amtierenden Vorsitzenden zum ordentlichen 1. Vorsitzenden auf. Dr. Michael Jungrichter aus Schwerin wurde zum 2. Vorsitzenden gewählt. Michael Werner aus Brandenburg löste Stephan Mücke als Schatzmeister ab und Katrin Lorbeer aus Karlsruhe war als Beisitzerin ein weiterer Neuling im Vorstand. Renate Winkler (Görlitz), Jürgen Bandte (Marburg) und Christina Limbourg (Mannheim) wurden als Beisitzer bestätigt. Im Anschluss folgten lebhafte Diskussionen zu Berichten aus den teilnehmenden Freundeskreisen. Beendet wurde der offizielle Teil mit einer Präsentation zu Brandenburg an der Havel, dem Gastgeber 2015.
Währenddessen konnten sich die Partner ein Bild von der Stadt Oberhausen machen. Eine zweistündige Stadtrundfahrt, kompetent geleitet, zeigte den Strukturwandel von der Kohle- und Stahlstadt zur Kultur-, Dienstleistungs- und Tourismusstadt auf. Viele alte Bilder, wie das vom „Brikett-Regen“, konnten dabei erfolgreich ersetzt werden und zeigen, dass es sich lohnt, auch einmal eine Kultur- und Städtereise ins Ruhrgebiet zu machen. Höhepunkt war sicherlich der Besuch des Gasometers mit der aktuellen Ausstellung „Der schöne Schein“ und dem weiten Rundblick über das grüne Ruhrgebiet vom 115 Meter hohen Dach des Industriedenkmals.
Beim Mittagessen in der Theaterkneipe „Falstaff“ konnten beide Gruppen dann ihre Erfahrungen austauschen. Das junge Falstaff-Team hatte sich ins Zeug gelegt und die Buffets fantasievoll und variantenreich gestaltet, so dass alle auf ihre Kosten kamen. Apropos Kosten: Der Dank gilt neben dem Falstaff-Team auch drei Oberhausener Firmen, die die Buffets am Mittag und den beiden Abenden gesponsert hatten.
„Haben wir zu viele Theater und Opernhäuser?“, lautete die Eingangsfrage der öffentlichen Podiumsdiskussion, die wiederum in der b.a.r. stattfand. Unter der Leitung von Stefan Keim vom WDR diskutierten der Oberhausener Intendant Peter Carp, Apostolos Tsalastras, Oberhausener Kulturdezernent und Kämmerer mit Professor Wolfgang Schneider von der Universität Hildesheim, Peter Landmann, Abteilungsleiter Kultur im NRW-Ministerium für Familie, Jugend, Kultur und Sport sowie Bernhard Krumrey als MUTHEA-Vorsitzender. Die Eingangsfrage wurde natürlich verneint, es ergaben sich aber viele Aspekte für eine effiziente Weiterentwicklung der Theater für die Zukunft. Der eineinhalbstündigen Diskussion wohnte auch Jörg Löwer, der Vorsitzende der GDBA (Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger), bei. Ein Zwiegespräch zwischen Professor Schneider und Stefan Keim über die Situation der Kinder- und Jugendtheater schloss sich an.
Damit auch die Lücke zwischen dieser Nachmittagsveranstaltung und der Musical-Vorstellung am Abend zweckgerichtet gefüllt werden konnte, folgte (auch als Bewegungstraining nach dem langen Sitzen) eine Führung durch das Theatergebäude, die Inge Mathes (Pressereferentin des Theaters) und Gerd Lepges (Vorsitzender des Oberhausener Freundeskreises) gemeinsam begleiteten.
Nach einer erneuten Labung mit Speis und Trank ging es dann ab in den Wald. Natürlich nicht richtig, sondern theatralisch, denn am Samstagabend stand Stephen Sondheims Musical „Into the Woods“ auf dem Programm des Oberhausener Theaters. Die Realisierung dieser Produktion fand in einer Zusammenarbeit mit der Folkwang Universität der Künste aus der Nachbarstadt Essen statt. Studierende der fortgeschrittenen Semester hatten die Gesangsrollen übernommen, das Theater Oberhausen steuerte aus seinem Ensemble drei Schauspieler/innen bei. Die Regie lag beim Oberhausener Intendanten Peter Carp, die musikalische Ausführung (Leitung und Orchester) bei der Folkwang Universität.
„Ein großartiger musikalischer Abschluss des Treffens“, fand ein Teilnehmer beim abschließenden Gedankenaustausch und so ging die 16. Jahrestagung mit gegenseitigen Dankesworten zwischen der MUTHEA und den Oberhausener Akteuren zu Ende. Doch nach der Tagung ist immer auch vor der Tagung: Alle freuen sich schon auf ein Wiedersehen bei der 17. Jahrestagung, die vom 8. bis 10. Mai 2015 in Brandenburg an der Havel im riesigen Blumenmeer der Bundesgartenschau stattfinden wird.