Traditionsgemäß enden die MUTHEA Jahrestreffen mit einer Podiumsdiskussion - so auch in Göttingen. Teilnehmer des Podiumsgesprächs waren Bernd Krumrey als Vertreter von MUTHEA, Tobias Wolff, geschäftsführender Intendant der Internationalen Händel-Festspiele Göttingen, Fritz Güntzler als Vertreter des Fördervereins und Stadtrat in Göttingen sowie Joachim von Burchard als Vertreter des Jungen Schauspiels im Deutschen Theater. Man kam schnell zu den zentralen Punkten der Diskussion: Wie geht man mit den immer größeren Sparzwängen um? Welche Auswege gibt es? Wo stehen die Fördervereine?
Im Gegensatz zu den Staatstheatern, denen es gut geht, geraten die kommunalen Theater immer mehr unter Sparzwang. Von den Vertretern des Theaters wurde dabei auf den engen Kostenrahmen der Kulturinstitute hingewiesen. Die künstlerischen Mitarbeiter sind ständig an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Finanzielle Einschränkungen im künstlerischen Bereich werden in der Regel auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen, die Zuschauer dürfen davon jedoch nichts spüren. In vielen Regionen des Landes hat dies schon zu massiven Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen geführt. Einzig die Orchesterleute haben eine Sonderstellung, sind gewerkschaftlich gut organisiert und haben oftmals Lebensstellungen.
Die politischen Entscheidungen werden oft von nicht veränderbaren Zwängen beeinträchtigt. So zählen viele Aufgaben - insbesondere in den Kommunen - als Pflichtaufgaben, die erfüllt werden müssen. Hierzu zählt der ganze soziale Bereich, der in den Haushalten der Kommunen den größten Teil des Aufwandes ausmacht. Die Aufwendungen für Kultur (und Sport) zählen dagegen zu den sogenannten freiwilligen Leistungen. Bei Sparzwängen werden daher leider die ersten Kürzungen häufig in diesem Bereich durchgeführt.
Da die Unterstützungen durch die Politik in der Regel nicht immer steigen sondern eher zurückgefahren werden, versuchen alle Theater, ihre Einnahmesituation zu verbessern.
Die Wege dahin sind unterschiedlich, mit dem Spagat zwischen dem Bemühen, einerseits den Massengeschmack zu befriedigen, andererseits aber auch durch Provokation oder neue Darstellungsformen die Aufmerksamkeit auf das Theater zu lenken. Im Extrem bedeutet dies, wie ein Mitglied der Runde formulierte: „Wir spielen, was uns interessiert".
Eine Hauptaufgabe der Fördervereine sollte die Mittlerfunktion zwischen Theater und Publikum sein sowie eine gute Vernetzung zur Politik. Fördervereine sind „Botschafter des Theaters" und dazu da, Kultur als „Fakultative Pflichtleistung" ins öffentliche Bewusstsein zu setzen.
Sponsoren übernehmen Teile der Förderung, die von den Kommunen nicht mehr getragen werden. Sponsoren äußern aber auch dezidierte Wünsche im Hinblick auf das Programm, erfordern besondere „Pflege" durch die Theater; insbesondere muss ein Nutzen ihrer Unterstützung für die Sponsoren sichtbar sein.
Ein letztes Thema war die Förderung der Kinder- und Jugendkultur, da es sich hier um die Gruppe handelt, die in 15-20 Jahren die Mehrzahl der Theatergänger stellen soll. Es wurde beklagt, dass in diesem Bereich deutlich weniger institutionelle Förderung zum Einsatz kommt, die Projektförderung ermöglicht leider weniger Planungssicherheit.
Als Fazit der Diskussion: Es gibt große regionale Unterschiede. Unterschiedliche Kommunen haben auch unterschiedliche kulturaffine Verwaltungen. Die grundsätzlichen Probleme ähneln sich aber stark. Die Fördervereine sollten versuchen, durch größere Repräsentation in der Öffentlichkeit und in der Politik die Stärken der Theater, ihre Bedeutung für die Kultur und den damit verbundenen Bildungsauftrag verstärkt deutlich zu machen, als dies bisher der Fall war.
Zum Abschluss wurde die Göttinger Aktion „KUNST" – Kultur UNterstützt STadt e.V. vorgestellt, die beeindruckte und zur Nachahmung empfohlen wird!
„In Göttingen setzt sich die Kultur zur Wehr. Ein breites Bündnis aller Kulturschaffenden und ihrer Einrichtungen ... hat sich zusammengetan, um auf das Problem aufmerksam zu machen.
Mit der Aktion KUNST versuchen über 100 Kultureinrichtungen, KünstlerInnen, Gruppen, Firmen selbst - unterstützt von Sponsoren und HelferInnen - auf ein Jahr begrenzt, die Kulturkürzungen von 100.000 DM auszugleichen. Alle von der Stadt geförderten Kultureinrichtungen und Initiativen führen eine zusätzliche Veranstaltung, Aktion, Aufführung oder Ähnliches durch. Mit den dabei erzielten Einnahmen werden die von den Haushaltskürzungen betroffenen Kultureinrichtungen unterstützt. Durch Geld- und Sachspenden von Sponsoren sollen die Einnahmen der Aktion erhöht werden. Nur so kann die Kulturvielfalt Göttingens erhalten werden!"